01/02/2012

ILLEGALISIERUNG UND STADT - GRENZGÄNGER II

22.02.2011 
um 19.00 Uhr in Raum 415, Mohrenstraße 41, Berlin 

Impulse: 
Dr. Manuela Bojadžijev, Institut für Europäische Ethnologie HU und Susann Huschke, M.A., Institut für Europäische Ethnologie FU
 

Moderation: Majken Bieniok (GSG) und Markus Kip (GSG)


Die Stadt ist eine umkämpfte Arena in Bezug auf die Reproduktionsbedingungen für illegalisierte MigrantInnen. Sie ist ein Ort der Ausbeutung illegalisierter Arbeitskraft, die spezifische Bedürfnisse in einer post-fordistischen Wirtschaft erfüllt. Illegalisierte arbeiten als Nannies, Tagelöhner auf dem Bau, Pflegekräfte, Reinigungskräfte, landwirtschaftliche Hilfskräfte, Restaurantangestellte, usw.

Verschiedene Kontroll- und Sicherheitsregimes, die sich in der Stadt entfalten, machen die Lebensbedingungen prekär, da das Risiko “entdeckt” und vom Staat abgeschoben zu werden im Alltag der Illegalisierten, zumal in Deutschland, nahezu allgegenwärtig ist.

Die Stadt ist aber auch ein Ort, in dem solche Regimes untergraben werden und sich Widerstand gegen diese Bedingungen formiert. Migrantische Communities und Netzwerke von Unterstützenden schaffen alternative Institutionen zur Gesundheitsversorgung, Arbeitsplatzvermittlung und anderem. Es wird in bestehende Organisationen hineingearbeitet, um Öffnungen für die Problemlagen von Undokumentierten zu erzeugen und Bündnispartner für gesellschaftliche Veränderungen zu gewinnen, z.B. bei Gewerkschaften, Kirchen und Schulen.

Dabei sind viele unterstützende Organisationen immer wieder mit der politischen  Frage konfrontiert, inwieweit alternative Institutionalisierungen zur Unterstützung Illegalisierter lediglich einen Zustand von “europäischer Apartheid” (Balibar) verfestigen oder neue Möglichkeiten eröffnen, die Kämpfe der Illegalisierten auszuweiten. Ferner stellt sich die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen konkreter Unterstützungsarbeit auf lokaler Ebene und dem Ausgrenzungsregime, das nationalstaatlich und auf EU-Ebene organisiert ist. 


Inwieweit eröffnet ein transnational vergesellschafteter Raum der Stadt hier neue Perspektiven für die Organisierung von Illigalisierten oder vermag Wege durch das Dilemma zwischen konkreter Hilfe und politischer Arbeit zu bahnen?

Um solche und andere Fragen zu erörtern, laden wir ein zu einer Diskussion mit Manuela Bojadžijev und Susann Huschke. Manuela als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie (HU) und Gründungsmitglied von Kanak Attak wird ausgehend vom Konzept der “Autonomie der Migration” Licht auf diese Fragen werfen. Susann Huschke vom Institut für Ethnologie an der FU und vom Berliner medibüro wird den Fokus auf die Krankheitserfahrungen Illegalisierter legen und anhand von Fallbeispielen zeigen, wie illegalisierte Lateinamerikanerinnen durch das Berliner Versorgungssystem navigieren.

Die Moderatoren: Majken Bieniok ist ebenfalls beim “Medibüro” engagiert. Sie hat kürzlich Ihre Promotion in Psychologie an der HU abgeschlossen und ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Kognitive Psychologie tätig; Markus Kip arbeitet beim Arbeitskreis “Undokumentierte Arbeit” bei ver.di Berlin-Brandenburg mit und schreibt eine Dissertation in Soziologie an der York University in Toronto. Beide sind Mitglieder bei der Graduate Studies Group am Georg Simmel Zentrum.